Die Zukunft der Website-Erstellung: Avishai Abrahami über KI und die Vision von Wix
- Avishai Abrahami
- vor 3 Tagen
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Künstliche Intelligenz verändert die Art und Weise, wie Websites erstellt und verwaltet werden. Avishai Abrahami, Mitbegründer von Wix, teilt seine Gedanken zur wachsenden Rolle von KI für den Online-Auftritt, zur Produktstrategie von Wix und warum Websites in einer von KI geprägten Zukunft weiterhin wichtig sein werden.
1. Werden KI-Plattformen wie ChatGPT Websites ersetzen oder nur die Art und Weise verändern, wie wir darauf zugreifen?
Meiner Meinung nach gibt es zwei Möglichkeiten, wie sich das entwickeln kann. Die eine ist, dass alles direkt in ChatGPT passiert. Es wird zum Internet und kennt alles darüber. Die andere Möglichkeit ist, dass man zu ChatGPT oder einer ähnlichen Plattform geht, eine Frage stellt, und es sich die Informationen von den Servern anderer Websites holt und sie präsentiert.
Die erste Option ist, dass ChatGPT das gesamte Internet enthalten muss. Das heißt, ChatGPT müsste das komplette Wissen des Internets auf den Servern von OpenAI speichern. Alle Texte, alle Bestände und alle Transaktionen. Zum Beispiel müsste es den Warenbestand aller Online-Shops im Internet kennen, wann ein Artikel verkauft wurde und wie viel noch auf Lager ist. Für ein Fitnessstudio müsste es Zeitpläne schreiben, wann ein Kurs verfügbar ist, ob er bezahlt wurde, wie die Stornierungsbedingungen sind – und das für alles. Das gesamte Wissen der Welt, jede Art von Daten: Finanzdaten, kommerzielle Daten, rechtliche Daten und mehr.
Um das aufzubauen, bräuchte man eine riesige Datenbank, die unendlich viele Datensätze in unendlich vielen Strukturen speichern kann. Wahrscheinlich wäre das eine Milliarde Mal komplexer als die aktuell fortschrittlichste Oracle-Datenbank.
Ich persönlich glaube, dass Sam Altmans Fokus und Priorität darin liegt, KI weiterzuentwickeln – nicht darin, eine solche, praktisch unmögliche Datenbank und eine komplette E-Commerce-Infrastruktur aufzubauen.
Die zweite Option ist, dass OpenAI und andere Anbieter großer Sprachmodelle einfach mit den Servern (also den Websites) der jeweiligen Unternehmen kommunizieren. So kann jedes Unternehmen seine eigenen Daten und Regeln für Transaktionen selbst verwalten.
Wenn du also ein rotes Kleid kaufen willst, spricht das Sprachmodell mit dem Website-Agenten und fragt, ob es verfügbar ist – und setzt den Dialog fort, um die Transaktion abzuschließen.
Ich glaube fest an diese zweite Option, und der MCP-Standard (Model Context Protocol) ist bereits ein Schritt in diese Richtung – ein Standard, bei dem Server mit Agenten kommunizieren, um Informationen in Echtzeit bereitzustellen und Aktionen auszuführen.
Plattformen wie Wix, Shopify und Squarespace müssen diese Brücken bauen – und wir bei Wix haben damit schon begonnen. Mit Technologien wie MCP können KI-Agenten sich direkt mit der Wix-Infrastruktur verbinden und auf Echtzeitinhalte zugreifen.
2. Wie sieht die Benutzeroberfläche der Zukunft aus – läuft alles nur noch über Textbefehle (Prompts)?
Ich glaube das nicht. Es gibt einen Grund, warum Filme beliebter sind als Bücher – visuelle Ergebnisse sind einfach wirkungsvoller. Wir bewegen uns in eine Zukunft, in der es möglich sein wird, beeindruckende interaktive Visuals zu erstellen. Man sieht es schon jetzt an den neuen Bild- und Videogeneratoren, die täglich erscheinen. Marken bekommen dadurch bessere Möglichkeiten, ihre Produkte und Services zu präsentieren. Und wir sehen bereits die ersten Schritte hin zu visuellen Agenten und Avataren.
Ich denke, in Zukunft wird es so sein, dass der KI-Agent (z. B. ein Sprachmodell) den Website-Agenten zum Gespräch „einlädt“. Beide planen dann gemeinsam, wie das bestmögliche visuelle Erlebnis für die Nutzer:innen aussehen kann. Das bedeutet natürlich auch: Wir werden einen größeren Bedarf an hochwertigem Content haben.
Die Oberfläche verändert sich also, ja – aber man greift weiterhin auf die Website zu (oder ihren Agenten). Nur eben viel persönlicher als bisher.
Ich finde das unglaublich spannend. Ich glaube, dass wir schon bald in der Lage sein werden, visuelle und sogar akustische Inhalte zu erstellen, die wirklich beeindruckend sind.
3. Wie wird KI die Erstellung von Websites in Zukunft verändern?
Wir waren die Ersten, die generative KI für die Erstellung von Websites eingeführt haben – mit ADI im Jahr 2016. Das hat sofort zu besseren Ergebnissen geführt: Nutzer:innen konnten schneller mehr erreichen, mit spürbar besseren Geschäftserfolgen. KI vereinfacht komplexe Aufgaben wie Design – so entsteht eine professionelle Webpräsenz, ohne dass man komplizierte Tools beherrschen muss.
Ich bin sehr gespannt auf das, was in den nächsten fünf bis zehn Jahren kommt. Wir werden sehen, wie sich Websites von starren, klickbasierten Oberflächen hin zu lebendigen Agenten entwickeln, die sprechen und Inhalte dynamisch präsentieren. Reine Texteingaben (Prompts) werden dafür nicht reichen – denn Marken leben von visuellen Erlebnissen, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Websites werden dadurch komplexer – mit Multimedia-Inhalten und intelligenten Agenten, die ganz individuelle Nutzungsszenarien ermöglichen. Das ist eine spannende Zukunft, und bei Wix setzen wir alles daran, unsere Nutzer:innen dabei zu unterstützen, genau solche dynamischen Erlebnisse umzusetzen.
4. Wie passt Wix die SEO und seine Technologien an, um in einer von KI-gesteuerter Suche geprägten Zukunft erfolgreich zu sein?
Wir haben die Generative Engine Optimization (GEO) entwickelt, damit Websiten von Wix auch in Zukunft von KI gefunden werden können. Wir bieten serverseitiges Rendering, damit KI einfach auf den Inhalt der Website zugreifen kann.
Außerdem liefern wir automatisch strukturierte Daten, damit eine KI versteht, worum es auf der Website geht – etwa um ein Produkt, eine Marke oder einen Namen.
Wir messen auch, wie viele Besucher:innen über KI-Plattformen kommen und was sie dort tun. Und wir unterstützen neue Standards wie llms.txt, die extra für KI-Suchmaschinen gemacht wurden. Ebenso arbeiten wir mit Partnern wie OpenAI zusammen, damit Inhalte von Wix auch in der generativen Suche auftauchen – also z. B. in KI-gestützten Suchergebnissen.
Schon bald veröffentlichen wir ein neues Feature: „Connect to Bing“. Damit können unsere Nutzer:innen auch bei der KI-Suche von Microsoft Bing sichtbar werden. All das sorgt dafür, dass Wix-Websites auch in der Zukunft gut gefunden werden.
5. Wie kann Wix wettbewerbsfähig bleiben, wenn KI schon heute Websites bauen kann?
Es stimmt, dass ein Sprachmodell wie ChatGPT eine einfache Websites generieren kann. Aber diese Webseiten sind ausbaufähig und nicht sehr entwickelt. Es fehlt die technische Infrastruktur, wie Hosting, Bezahlfunktionen, Terminbuchung oder Versand. Wenn OpenAI auf diesem Niveau mitspielen will, müssten sie aufhören, an KI zu arbeiten und stattdessen komplette Business-Systeme bauen. Ich würde mich sehr wundern, wenn das ihr Plan wäre.
Es ist viel einfacher, wenn OpenAI einfach sagt: „Hey Wix, dieser Nutzer interessiert sich für dein Produkt – kannst du es anzeigen und mir sagen, wie ich es am besten präsentieren soll?“
Gerade deshalb wird die technische Infrastruktur hinter einer Website – so wie sie Wix aufgebaut hat – in Zukunft noch wichtiger. Denn wir bewegen uns in eine Welt mit „Agenten-Systemen“, in der KI nicht nur Fragen beantwortet, sondern auch aktiv handelt. Und je komplexer diese Systeme werden, desto schwieriger wird es, alles selbst von Grund auf neu zu entwickeln.
Was es dann braucht, sind Plattformen wie Wix, die diese Fähigkeiten bereits mitbringen und sie laufend weiterentwickeln. Das ist unsere echte Stärke.
6. Was ist die KI-Strategie von Wix?
Unsere Strategie ist einfach: Wir wollen Selbstständige, kleine Unternehmen und Agenturen dabei unterstützen, mehr selbst umzusetzen. Mit KI geht heute viel mehr als früher. Unsere Aufgabe ist es, die richtigen Tools dafür bereitzustellen – ob beim Bilder bearbeiten, Videos erstellen oder beim Bau komplexer Websites und KI-Agenten.
Wir haben uns schon immer darauf konzentriert, gute Werkzeuge für kreatives Arbeiten anzubieten. KI erweitert diese Möglichkeiten. Was man früher einem Grafikdesigner überlassen musste, kann man heute in Sekunden selbst machen – und in richtig guter Qualität.
Wir entwickeln gerade viele neue Tools, die kleine Unternehmen entlasten. Ein zentrales Element ist dabei das Model Context Protocol (MCP) – eine Technologie, die jede moderne Website bald brauchen wird. Sie sorgt dafür, dass KI-Agenten mit Websites in Echtzeit kommunizieren und Aufgaben übernehmen können.
Am Ende ist das genau unser Ziel: Wir nutzen KI, damit unsere Nutzer:innen mehr machen können – schneller, einfacher und besser als je zuvor.
Um diesen Weg weiterzugehen, haben wir gerade Base44 übernommen – ein schnell wachsendes KI-Startup, das sich auf die automatische Code-Erstellung und das Zusammenspiel von mehreren KI-Agenten spezialisiert hat.

Gerade verändert sich die Tech-Welt stark. Immer mehr geht es darum, Software nicht mehr „per Hand“ zu programmieren, sondern einfach zu sagen, was man will – und intelligente Systeme setzen es um. Das nennt man „Intent-driven development“.
Base44 macht genau das möglich. Mit ihrer Technologie kann jede:r funktionsfähige, individuelle Anwendungen einfach in natürlicher Sprache beschreiben – ganz ohne klassisches Programmieren. Die KI übernimmt den Rest und setzt alles sofort und intuitiv um.
Maor Shlomo, Gründer und CEO von Base44, und sein Team arbeiten schnell, mutig und mit einer klaren Vision. Sie haben in kurzer Zeit etwas aufgebaut, das technisch beeindruckend ist – und perfekt zu unserer Vorstellung passt, wie die digitale Welt der Zukunft aussehen wird. Ihre Community wächst schnell, weil viele bereits erkannt haben, wie stark ihre Plattform ist. Was sie entwickelt haben, passt ideal zu unserem Weg.
Das Internet wird persönlicher, dynamischer und stärker von Agenten geprägt – und wir sorgen dafür, dass unsere Nutzer:innen nicht nur mithalten, sondern Vorreiter sind.
Avishai Abrahami
Co-Founder & CEO von Wix